Ein aktuelles Konzept in der Organisationsberatung und im Coaching stellt die Agilität dar. Geht man vom Kern des Konzeptes aus, so sind hier Fragen der Mitarbeiterpartizipation, eines neuen Führungsverständnisses und des Abbaus von formalisierten Strukturen beschrieben.
Aus systemischer Sicht erscheint es sinnvoll, Agilität kritisch auf seinen Innovationskern zu überprüfen und die Gestaltungsspielräume, die sich für Mitarbeiter ergeben, zu analysieren.
“Wenn du nicht mehr weiter weißt, bilde einen AGILEN Arbeitskreis.”
Verwenden C-Level Management und HR-Organisationen den Begriff Agilität etwa nur, um komplexe Projekte in kürzer geplanten Durchlaufzeiten mit flacheren Strukturen und somit geringeren Kosten auf die Straße zu bringen?
Agile als Methode auf unbeantwortete oder unbeantwortbare Fragen?
Eine Stärke des systemischen Coachings ist unter anderem der Umgang mit Komplexität, institutioneller Paradoxie und Dilemmata. Der systemische Ansatz verdankt seine Entstehung komplexen technischen, naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen. Im betrieblichen Coaching beobachten wir heute eine Zunahme an Komplexität in den Handlungs- und Entscheidungsfragen der verantwortlichen Akteure. Eine solche Situation stellt Konflikte in Organisationen zwischen Abteilungen mit divergenten Zielen: z.B. Qualität vs. Quantität, Kundenorientierung vs. Umsatzmaximierung oder kurzfristige Profitabilität vs. Nachhaltigkeit. Um diese Zielkonflikte aufzulösen, finden im HR- und Organisationskontext immer wieder neue Konzepte oder Schlagworte Einzug in den Sprachgebrauch. Manchmal erscheint es aber auch eine Suche nach der Formel für die Quadratur des Kreises zu sein.
Aktuell ist das Konzept der Agilität en vogue. Ursprünglich aus dem Umfeld der Software-Entwicklung stammend, hält das Konzept nun auch in anderen Unternehmensbereichen Einzug. Unter Agilität versteht man allgemein die Gewandtheit, Wendigkeit oder Beweglichkeit von Organisationen und Personen in Strukturen und Prozessen. So soll eine Organisation ganz flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und Anforderungen reagieren und diese auch aktiv gestalten können. Im Zentrum steht damit auch das Empowerment der Experten. Dazu werden neue Rollen und fachbereichsübergreifende, autark agierende Teams gebildet. Natürlich darf auch ein entsprechendes internes Marketing nicht fehlen und so werden neue Bezeichnungen wie Scrum, Tribe, Squad oder Agile Manager eingeführt. Gerade im Falle von bisher eher starr und hierarchisch gelebten Strukturen kann so eine Veränderung allerdings zu Irritationen führen. Führungskräfte aus der bisherigen Linienorganisation werden ihre Mitarbeiter autonomer arbeiten und entscheiden lassen müssen. Teams werden neu und bunt zusammengestellt und müssen sich teilweise mit sehr komplexen, bisher noch nie da gewesenen Fragestellungen auseinandersetzen. Welchen Beitrag kann aber hierzu nun die Systemtheorie liefern bzw. in weiterer Folge das systemische Coaching hilfreich sein?
Das systemische Coaching lässt sich als anliegen- und klientenfokussiertes, ressourcen- und lösungsorientiertes Beratungsformat für Personen und Team im beruflichen Kontext beschreiben. Es dient der Klärung beruflicher Ziele, der Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten und der Förderung der persönlichen und beruflichen Entwicklung. Mit der Metapher der "systemischen Brille" stehen im Zentrum der Betrachtung der Mensch in der Situation und die jeweiligen Beziehungsdynamiken des Systems. Systemisches Coaching ist im Unterschied zur Expertenberatung als Prozessberatung konzipiert, d.h. der Coach geht anliegen- und auftragsfokussiert vor und stimmt die Zielsetzung bw. sein/ihr Vorgehen eng mit den Klient_innen ab. Ein wichtiger Aspekt ist die Anregung zu einer vertiefenden Reflexion über die Systemdynamik durch die Klienten. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden und Möglichkeiten zur Visualisierung, wie z.B. die Arbeit mit einem Systembrett. Hierbei werden von Klienten bestimmte Situationen, Konstellationen, Teams oder andere Systeme mittels verschiedener Figuren auf einem Brett aufgestellt. Daraus können dann aus unterschiedlichen Sichtweisen neue Perspektiven oder mögliche Veränderungen generiert werden.
Einen Perspektivenwechsel anzuregen ist wiederum Ausdruck der Haltung. Wichtig ist also nicht die Methode, sondern das Wirken der Haltung, durch die die Methode begründet ist. Die besondere Kompetenz von systemischen Coaches besteht somit eher im Prinzip der Resonanz als in der Kenntnis von "Tools".
* Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwende ich abwechselnd die weibliche oder männliche Form. Männer und Frauen sind natürlich gleichermaßen angesprochen. Gerne kann der Artikel auch über soziale Netzwerke geteilt werde.
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