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Beziehung wegen Kind weiterführen: Vor- und Nachteile

  • Autorenbild: Christian Asperger
    Christian Asperger
  • 10. Nov.
  • 7 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 1 Tag

Wenn eine Beziehung brüchig wird, stehen viele Paare vor einer schwierigen Frage: Sollten wir die Beziehung wegen des Kindes weiterführen – oder ist eine Trennung der ehrlichere Weg?


In der Praxis zeigt sich, dass diese Entscheidung selten schwarz-weiß ist. Zwischen Verantwortung, emotionaler Bindung und individuellem Glück liegt ein breites Spannungsfeld.


Die Vorstellung, dem Kind „eine heile Familie“ zu bewahren, steht dabei oft im Konflikt mit dem eigenen Bedürfnis nach Authentizität, Nähe und Lebensfreude. Genau hier beginnt ein Prozess, der Mut, Reflexion und manchmal auch professionelle Begleitung erfordert.


Paar liegt abgewandt voneinander im Bett

Das Wichtigste in Kürze: Beziehung wegen Kind weiterführen?


  • Eine Beziehung wegen Kind weiterzuführen kann kurzfristig Stabilität schaffen, birgt langfristig aber emotionale Risiken für alle Beteiligten.

  • Kinder spüren unausgesprochene Konflikte – auch wenn Eltern versuchen, sie zu verstecken.

  • Die Entscheidung sollte nicht aus Angst vor Schuld oder gesellschaftlichen Erwartungen getroffen werden.

  • Offenheit, Kommunikation und klare Grenzen können auch nach einer Trennung Sicherheit vermitteln.

  • Paartherapie kann helfen, zwischen Verantwortung und Eigenverantwortung zu unterscheiden.

  • Es gibt Alternativen zum klassischen Familienmodell, die Kindern Stabilität bieten können.

  • Am Ende geht es darum, welche Beziehung – ob als Paar oder als Eltern – langfristig gesund und respektvoll gestaltet werden kann.


Podcast - Wegen der Kinder zusammenbleiben


Wegen_der_Kinder_zusammenbleiben_Ehrliche_Antwort

Inhalt


1. Beziehung wegen Kind weiterführen – Auswirkungen auf Kinder, Eltern und Partnerschaft

Eine Beziehung wegen Kind weiterzuführen entsteht meist aus einem Gefühl der Verantwortung. Eltern wollen ihren Kindern Sicherheit, Geborgenheit und eine stabile Familie bieten. Doch Stabilität bedeutet nicht automatisch emotionale Gesundheit.


Kinder nehmen feine Schwingungen wahr – sie spüren Distanz, Unzufriedenheit und unausgesprochene Konflikte. Selbst wenn Eltern bemüht sind, Streit zu vermeiden, zeigt sich emotionale Spannung oft in Tonfall, Körpersprache oder Stimmung.


Langfristig kann das zu inneren Konflikten bei den Kindern führen: Sie erleben einerseits das Ideal einer Familie, spüren aber gleichzeitig, dass „etwas nicht stimmt“. Manche Kinder übernehmen unbewusst Verantwortung für das emotionale Gleichgewicht ihrer Eltern, was zu Überforderung und Schuldgefühlen führen kann.


Für die Eltern bedeutet das Weiterführen der Beziehung häufig eine Form des „emotionalen Ausharrens“. Nähe, Intimität und Lebensfreude werden durch funktionale Routinen ersetzt. Das kann zu Erschöpfung, innerer Leere und einem Gefühl der Fremdheit führen – sich selbst und dem Partner gegenüber.

2. Vor- und Nachteile: Was spricht dafür, was dagegen?

Vorteile


  • Stabilität für das Kind: Alltägliche Routinen und das gemeinsame Zuhause vermitteln Sicherheit.

  • Finanzielle und organisatorische Vorteile: Gemeinsame Lebensführung kann ökonomische Belastungen reduzieren.

  • Zeit für Entwicklung: Manche Paare gewinnen Zeit, um an sich zu arbeiten und Veränderungen vorzubereiten.

  • Gesellschaftliche Akzeptanz: Das Bild der „intakten Familie“ wird von außen häufig positiv bewertet.


Nachteile


  • Emotionale Entfremdung: Das Festhalten an einer Beziehung ohne echte Verbindung führt oft zu Einsamkeit im Miteinander.

  • Fehlende Authentizität: Kinder lernen durch Vorbilder – wenn Eltern Unzufriedenheit unterdrücken, übernehmen sie ähnliche Muster.

  • Verdeckte Konflikte: Unterdrückte Spannungen können sich in passiv-aggressivem Verhalten oder psychosomatischen Symptomen äußern.

  • Langfristige Belastung: Wenn Eltern dauerhaft unglücklich sind, wirkt sich das auf ihre psychische und körperliche Gesundheit aus.

  • Gefahr der Resignation: Der Gedanke „Ich bleibe wegen des Kindes“ kann zu Stillstand und innerem Rückzug führen.


Ja oder Nein


3. Welche Modelle oder Alternativen gibt es?

Nicht jede Trennung bedeutet das Ende einer familiären Verbundenheit. Immer mehr Eltern gestalten nach einer Trennung neue Beziehungsformen, die Verantwortung, Nähe und Eigenständigkeit miteinander verbinden.


3.1 Kooperative Elternschaft


Bei der kooperativen Elternschaft bleiben beide Eltern gleichberechtigt in die Erziehung eingebunden – unabhängig vom Beziehungsstatus.


Wichtig sind:

  • regelmäßige, respektvolle Kommunikation über Erziehungsfragen,

  • klare Vereinbarungen über Zeit, Finanzen und Verantwortung,

  • eine Haltung, die das Kind in den Mittelpunkt stellt, nicht den Konflikt der Eltern. Diese Form erfordert Reife und gegenseitiges Vertrauen, bietet Kindern jedoch ein starkes Gefühl von Sicherheit.


3.2 Nestmodell


Beim sogenannten „Nestmodell“ bleibt das Kind im vertrauten Zuhause. Die Eltern wechseln sich mit dem Wohnen dort ab.


Vorteile:

  • Kinder behalten ihre gewohnte Umgebung, Schule und Freundschaften.

  • Der Übergang zwischen den Elternteilen ist sanfter.


Nachteile:

  • Erfordert hohe organisatorische Disziplin und emotionale Stabilität der Eltern.

  • Finanziell oft anspruchsvoller, da mehrere Wohnorte notwendig sind.


In der Praxis eignet sich das Modell vor allem für Paare, die trotz Trennung wertschätzend und kooperativ miteinander umgehen können.


3.3 Bewusste Trennung mit therapeutischer Begleitung


Manche Paare erkennen in der Therapie, dass Trennung nicht Scheitern bedeutet, sondern ein Schritt in Richtung Selbstfürsorge sein kann. Mit professioneller Begleitung gelingt es, alte Vorwürfe loszulassen, Schuldgefühle zu verarbeiten und die Elternbeziehung neu zu gestalten. Ziel ist es, eine stabile Eltern-Allianz zu bewahren – unabhängig von der Partnerschaft.




3.4 Trennung auf Zeit


Eine „Trennung auf Zeit“ kann hilfreich sein, wenn Unsicherheit besteht. Durch räumliche Distanz entsteht emotionaler Raum für Reflexion:


  • Was fehlt wirklich in der Beziehung?

  • Ist es Erschöpfung oder Entfremdung?

  • Welche Erwartungen bestehen noch aneinander?


In der systemischen Arbeit kann diese Phase genutzt werden, um neue Sichtweisen zu entwickeln, bevor endgültige Entscheidungen getroffen werden.


3.5 Getrennt zusammenleben


Manche Paare leben unter einem Dach, aber in getrennten Lebensbereichen – etwa mit eigenen Zimmern und klaren Alltagsgrenzen. Dieses Modell kann eine Zwischenlösung sein, wenn Kinder noch klein sind oder äußere Faktoren eine sofortige Trennung erschweren. Entscheidend ist, dass beide Partner die emotionale Distanz bewusst gestalten und nicht in alte Muster zurückfallen.


Paartherapeut Mag Christian Asperger im ORF

4. Fallbeispiele aus der Praxis

Bespiel 1: „Wir wollten es dem Kind zuliebe versuchen“


Anna (38) und Lukas (41) kamen nach einer längeren Beziehungskrise in die Paartherapie. Ihr Sohn war sieben Jahre alt. Beide hatten beschlossen, „es wegen des Kindes weiter zu versuchen“. Nach einigen Monaten zeigte sich jedoch, dass sie nur noch als Eltern, nicht mehr als Paar miteinander verbunden waren.


In der Therapie arbeiteten wir daran, die verschiedenen Rollen – Partner, Eltern, Individuum – voneinander zu unterscheiden. Durch systemische Reflexion wurde klar, dass Lukas aus Schuldgefühlen blieb, während Anna aus Angst vor Alleinsein handelte.


Nach mehreren Sitzungen entschieden sie sich für eine bewusste Trennung, verbunden mit gemeinsamer Elternberatung. Ihr Sohn profitierte davon, dass beide Eltern emotional stabiler und authentischer wurden.


Beispiel 2: „Vielleicht finden wir wieder zueinander“


Julia (35) und Tobias (37) suchten Unterstützung, nachdem Tobias sich emotional zurückgezogen hatte. Sie wollten die Beziehung wegen des Kindes weiterführen, fühlten sich aber zunehmend entfremdet.


In der Paartherapie zeigte sich, dass beide unter unausgesprochenen Erwartungen litten. Julia fühlte sich alleinverantwortlich für das Familienleben, während Tobias sich überfordert und missverstanden fühlte. Durch systemische Interventionen – u. a. Perspektivwechsel, Aufstellungsarbeit und Kommunikationstraining – gelang es, alte Dynamiken zu verändern.


Nach einigen Monaten berichteten beide, dass wieder Nähe und Respekt entstanden waren. Sie entschieden sich, die Beziehung fortzusetzen, diesmal bewusst und gleichwertig.


Beispiel 3: „Nach außen perfekt – im Inneren erschöpft“


Sabine (42) und Markus (45) wirkten nach außen wie das ideale Paar: zwei erfolgreiche Karrieren, zwei Kinder, ein schönes Haus. Doch hinter dieser Fassade herrschte emotionale Distanz. Gespräche beschränkten sich auf Organisation und Alltag, Zärtlichkeit fand kaum noch statt. Beide wollten die Beziehung wegen der Kinder weiterführen, weil sie ihnen Stabilität bieten wollten.


In der Therapie zeigte sich, dass beide in einer Art „funktionaler Partnerschaft“ lebten – sie erfüllten Rollen, aber nicht mehr ihre emotionalen Bedürfnisse. Sabine empfand Einsamkeit trotz Nähe, Markus fühlte sich unter Druck, immer stark sein zu müssen. Im Verlauf der Sitzungen wurde deutlich, dass sie sich gegenseitig nicht mehr als Partner, sondern als „Mitstreiter“ im Alltag sahen.


Nach intensiver Arbeit an inneren Glaubenssätzen („Ich darf meine Bedürfnisse nicht zeigen“, „Ich muss funktionieren“) erkannten beide, dass sie ihre Beziehung nicht aus Liebe, sondern aus Pflichtgefühl aufrechterhielten. Sie entschieden sich für eine respektvolle Trennung und begannen, getrennt, aber kooperativ, als Eltern zu agieren. Ihre Kinder reagierten positiv, weil sie spürten, dass die Anspannung in der Familie nachließ.



Paar auf Couch



5. FAQ: Beziehung wegen Kind weiterführen – häufige Fragen


Ist es besser, wegen des Kindes zusammenzubleiben oder sich zu trennen?

Das hängt von der Qualität der Beziehung ab. Kinder profitieren von emotionaler Klarheit – nicht von äußerlicher Stabilität um jeden Preis.

Spüren Kinder, wenn Eltern unglücklich sind?

Ja. Kinder sind sehr sensibel für Stimmungen. Selbst ohne Streit merken sie, wenn zwischen den Eltern etwas nicht stimmt.

Kann Paartherapie helfen, eine Entscheidung zu treffen?

Ja. Eine systemische Paartherapie kann helfen, Bedürfnisse zu klären, Muster zu verstehen und neue Perspektiven zu entwickeln – unabhängig vom Ergebnis.

Was, wenn einer bleiben will und der andere gehen möchte?

Dann lohnt sich eine begleitete Klärung, um gegenseitiges Verständnis zu fördern und destruktive Schuldzuweisungen zu vermeiden.

Gibt es „richtige“ oder „falsche“ Entscheidungen in dieser Situation?

Nein. Jede Beziehung ist einzigartig. Wichtig ist, dass Entscheidungen bewusst, respektvoll und mit Blick auf alle Beteiligten getroffen werden.

Wie wirkt sich ein „Weiter so“ langfristig auf Kinder aus?

Kinder in konfliktreichen, emotional distanzierten Haushalten entwickeln häufiger Unsicherheiten in späteren Beziehungen. Authentizität der Eltern wirkt präventiv.

Was können Eltern tun, wenn sie sich uneinig über Erziehungsfragen sind?

Hier hilft eine Elternberatung oder systemische Familienberatung, um gemeinsame Werte und Grenzen zu definieren.

Ist eine Trennung immer traumatisch für Kinder?

Nicht zwingend. Entscheidend ist, wie getrennt wird. Kinder verkraften Trennungen gut, wenn sie spüren, dass sie weiterhin von beiden Eltern geliebt werden.

Wie kann man Kindern eine Trennung kindgerecht erklären?

Ehrlich, aber altersgerecht. Kinder sollten wissen, dass sie keine Schuld tragen und dass beide Eltern weiterhin für sie da sind.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Trennung?

Wenn der Leidensdruck dauerhaft hoch ist, Gespräche ins Leere laufen und keine gemeinsame Perspektive mehr entsteht, kann eine Trennung heilsam sein – auch für das Kind.



6. Fazit: Beziehung wegen Kind weiterführen – Vor- und Nachteile


Eine Beziehung wegen Kind weiterzuführen ist eine der emotional anspruchsvollsten Entscheidungen im Leben eines Paares. Verantwortung für Kinder ist wertvoll – aber sie ersetzt keine erfüllte Partnerschaft. Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern authentische, präsente und liebevolle Menschen, die auch ihre eigenen Grenzen achten.


Ob Trennung oder Neubeginn: Entscheidend ist, dass Eltern in Kontakt mit sich selbst bleiben, um eine gesunde und ehrliche Beziehungsgestaltung vorzuleben. Eine professionelle Begleitung kann dabei helfen, innere Klarheit zu gewinnen und Wege zu finden, die sowohl den Bedürfnissen der Kinder als auch den eigenen gerecht werden.


Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden oder unsicher sind, ob Sie Ihre Beziehung wegen Kind weiterführenoder neu gestalten möchten, kann ein professioneller Blick von außen hilfreich sein.


In meiner Praxis in 1020 Wien begleite ich Sie als systemischer Psychotherapeut und Coach – mit Erfahrung in Paar-, Familien- und Einzeltherapie. Gemeinsam erarbeiten wir, welche Form der Beziehung und Elternschaft für Sie und Ihre Familie stimmig ist.


Vereinbaren Sie gerne ein Erstgespräch, um Orientierung und Klarheit zu gewinnen.


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1 Std. 30 Min.
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7. Über mich: Paartherapeut Mag. Christian Asperger


Paartherapeut Mag. Christian Asperger

Ich bin Psychotherapeut mit Spezialisierung auf systemische Paar- und Familientherapie und begleite seit vielen Jahren Paare in schwierigen Lebensphasen. Mein Ziel ist es, Ihnen dabei zu helfen, Beziehungsprobleme offen anzusprechen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Dabei sehe ich Psychotherapie nicht nur als Beruf, sondern als meine Leidenschaft und Berufung.

Durch meine langjährige Erfahrung verfüge ich über ein hohes Maß an zwischenmenschlichem Verständnis und praktischer Kompetenz.




Gerne unterstütze ich Sie in meiner Praxis in Wien, um Ihre Beziehungskrise zu überwinden und neue Nähe und Intimität zu schaffen. Gemeinsam finden wir Ihren individuellen Weg zu einer glücklichen Partnerschaft zurück.







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