Verliebtheit plötzlich weg: Warum und was tun?
- Christian Asperger
- 9. Juni
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Manche Paare erleben nach einiger Zeit plötzlich das Gefühl, die einst so starke Verliebtheit sei verflogen. Dieses „Kribbeln“ im Bauch lässt nach, und es entsteht Verunsicherung: Ist etwas kaputt? Ist die Liebe vorbei? In vielen Beziehungen ist das Nachlassen der anfänglichen Euphorie aber normal. In diesem Artikel beleuchten wir aus biologischer, psychologischer und systemischer Perspektive, warum Verliebtheit nachlässt – und was Sie tun können, wenn „die Schmetterlinge im Bauch“ scheinbar verstummen.

Auf einen Blick: Verliebtheit plötzlich weg. Warum und was tun?
Übergang in Langzeitbindung: Etwa nach 6–12 Monaten klingt die anfängliche Verliebtheitsphase meist spürbar ab. Das Gehirn schaltet von den Hochgefühlen des Verliebtseins auf Bindung um. Wichtig ist: Dies bedeutet nicht zwangsläufig das Ende der Liebe, sondern oft den Beginn einer reiferen Partnerschaft.
Hormoneller Wandel: Zu Beginn dominieren Aufputsch- und Glückshormone. Adrenalin sorgt für Herzklopfen und Schmetterlinge, Phenylethylamin (PEA) weckt Verlange. Dopamin steigert das Glücksgefühl. Mit der Zeit fällt der Dopaminspiegel, die „rosarote Brille“ wird. Nun übernehmen Bindungshormone (Oxytocin, Vasopressin), die Vertrauen und Nähe.
Psychologische Muster: Erwartungen und Gewohnheit spielen eine große Rolle. Viele Menschen glauben (meist unbewusst) fälschlicherweise, die Anfangseuphorie müsse ewig halten. Mit zunehmender Vertrautheit verschwindet jedoch die anfängliche Ungewissheit; die „suchtartige Fixation“ des Verliebtseins klingt ab. Oft liegen auch unerkannte Bindungsängste vor, die in kritischen Momenten die „Notbremse“ Gleichzeitig kommen mit der Zeit Alltag und Konflikte zum Vorschein – was anfangs durch Idealisierung verdeckt.
Bindung und Vertrauen: Entscheidend ist das Vertrauensverhältnis. Fühlt man sich beim Partner nicht mehr sicher oder verlässlich aufgehoben (etwa durch Vernachlässigung oder Enttäuschungen), schwindet auch die Bindung automatisch.
Neuer Fokus statt Verzweiflung: Im Idealfall geht die Leidenschaft in eine tiefere kameradschaftliche Liebe über. Vielleicht spüren Sie nun anstelle der Schmetterlinge eine wachsende Vertrautheit – auch wenn das zunächst weniger aufregend wirkt. Wichtig ist, diese Entwicklung aktiv zu gestalten: Gemeinsame Rituale, Date-Nights und ehrliche Gespräche können Nähe und Vertrautheit neu beleben. Gezielte Impulse (z.B. neue Erlebnisse zu zweit) schenken dem Alltag wieder Glanz.
Professionelle Hilfe: Wenn Sie sich überfordert fühlen, kann professionelle Unterstützung sinnvoll sein. Systemische Paartherapie etwa betrachtet nicht nur individuelle Beschwerden, sondern auch Beziehungsdynamiken im familiären Kontext, Sie lernen, Konflikte anders anzugehen und Vertrauen schrittweise wieder aufzubauen. Das schafft oft neue Nähe und lässt auch die Liebe wieder wachsen.
Audio Zusammenfassung - Verliebtheit plötzlich weg
Inhalt
1. Ist die Verliebtheit plötzlich weg?
Viele Menschen fragen sich besorgt, ob ein Abflauen der ersten Verliebtheit ein Warnsignal ist. Die gute Nachricht: In der Regel ist das normaler Verlauf einer Beziehung. Studien und Experten erklären, dass das intensive Verliebtsein (auch „leidenschaftliche Liebe“ genannt) anatomisch bedingt nicht ewig anhält. Im Gehirn sinken nach etwa 3–6 Monaten die Botenstoffe (wie Dopamin), die die Anfangseuphorie auslösen Psychologe Lars Penke betont, dass diese Phase in den meisten Beziehungen bereits im ersten Jahr abklingt – allerdings geht die leidenschaftliche Liebe dabei idealerweise in eine tiefere Bindung über.
Anders gesagt: Der „Schmetterlings-Effekt“ mag nachlassen, doch oft entsteht dafür ein stabilerer, verlässlicher Partner. Viele Paare erleben nach dem ersten Hoch eine Phase, in der das anfängliche Kribbeln schwindet, nur um dann als Team mit neuem Vertrauen weiterzuwachsen.
Natürlich kann das Gefühl sehr plötzlich erscheinen – etwa wenn äußere Belastungen hinzukommen. Es lohnt sich, in so einer Phase innezuhalten: Was hat sich in der Beziehung oder Ihrem Umfeld verändert? Meist finden sich keine dramatischen Katastrophen, sondern einfach der normale Übergang zur Alltagsliebe. Erst wenn Sie oder Ihr Partner wirklich über Wochen komplett kaltgestellt sind, lohnt es sich, tiefergehende Ursachen (wie ungelöste Konflikte oder Bindungsängste) zu betrachten. Bis dahin ist es oft hilfreich, Geduld zu haben und den Partner in dieser Übergangsphase unterstützend zu begleiten.
2. Hormonelle Prozesse: Was im Körper passiert
Unser Körper spielt bei der Verliebtheit eine Hauptrolle. Während der Anfangsphase schießen verschiedene Hormone und Neurotransmitter in die Höhe. Adrenalin sorgt für Herzklopfen und das berühmte „Schmetterlinge im Bauch“-Gefühl, Phenylethylamin (PEA) steigert das Verlangen. Der Neurotransmitter Dopamin aktiviert Belohnungszentren im Gehirn, wodurch wir wahre Glückswellen erleben – frisch Verliebte reagieren auf Bilder ihres Schwarms ähnlich wie Süchtige auf ein Foto ihrer Droge. Es ist, als ob ein „neurochemischer Cocktail“ den Verliebten berauscht.
Doch dieser Hoch-Zustand ist biologisch nur auf eine Weile ausgelegt. Nach einigen Monaten sinkt der Dopaminspiegel deutlich, und das Gehirn „legt die rosarote Brille ab“. Andere Hirnregionen für Problemlösung und Alltagstätigkeiten werden wieder aktiver. Die anfangs dominanten Aufregungshormone weichen nun stärker wirksamen Bindungshormonen: Oxytocin und Vasopressin werden ausgeschüttet. Diese fördern Nähe, Vertrauen und ein Gefühl von Geborgenheit. Der Übergang ist also chemisch gewollt: An die Stelle der intensiven Verliebtheitsgefühle tritt jetzt ein ruhigeres Wohlgefühl mit dem Partner.
Kurz gesagt: Verliebtheit ist zu Beginn wie ein Rausch, ähnlich einer Droge.Später ist es normal, „wieder klarer zu sehen“. Das Gehirn hat jetzt nicht mehr den Aufmerksamkeitsfokus auf ein einzelnes Ziel, sondern steuert auf gemeinsamen Alltag und langfristige Bindung zu. Dieses Umschalten ist nicht bedrohlich – auch wenn sich die Gefühle ganz anders anfühlen als am Anfang.

3. Psychologische Gründe: Erwartungen, Gewohnheit & Ängste
Neben der Biologie gibt es viele psychische Erklärungen dafür, dass die Gefühle abnehmen. Oft stecken Erwartungen im Weg. Insbesondere, wenn wir glauben, die anfängliche Leidenschaft müsse ein Leben lang so intensiv bleiben, entsteht Druck. Paarberater Eric Hegmann bringt es auf den Punkt: „Wer glaubt, die anfängliche Euphorie müsse ein Leben lang halten, rennt falschen Vorstellungen hinterher – das ist Hollywood“. In Wahrheit wird der Alltag irgendwann zur Realität: Die Partner lernen sich tiefer kennen, und anstelle idealisierter Bilder treten echte Stärken und Schwächen hervor.
Ein weiterer Faktor ist Bindungsangst. Manche Menschen haben unbewusst Angst vor zu viel Nähe. Wenn sie merken, dass die Beziehung ernster wird, blockiert ihr Unterbewusstsein – das Gehirn „zieht die Notbremse“. Auch Stressfaktoren wie Beruf, Kinder oder Familienleben können das Gefühl von Verliebtheit dämpfen. Ist man etwa ständig ausgelastet, bleibt kaum Zeit für romantische Zweisamkeit.
Schließlich gilt: Am Anfang wirken wir fast ausschließlich glücksbringende Seiten des Partners anziehend – die sogenannte Schokoladenphase. Mit der Zeit treten unvermeidlich Konflikte ans Licht. Dieses Verdrängte war anfangs durch die Glückshormone überdeckt. Kommt es nun zu Reibungen (z.B. in der Kommunikation oder im Rollenverständnis), fällt das Verliebtsein oft auch aus dem Fokus. Eine erfahrene Paartherapeutin beschreibt: „Während wir zu Beginn unserer Beziehung in der ersten Verliebtheit die positiven Seiten sehen, kristallisieren sich mit der Zeit unweigerlich Konflikte heraus“.
Insgesamt zeigen sich also psychologische Muster: Die anfängliche Liebe lebt von Spannung, Unsicherheit und Idealen. Mit Vertrautheit, Routine oder Ängsten ebbt diese Phase ab. Wichtig ist, solche Entwicklungen zu verstehen, statt sie vorschnell als Fehler anzusehen.
4. Verliebtheit plötzlich weg: Rolle von Bindung und Vertrauen
Eine stabile Beziehung braucht Vertrauen und sichere Bindung. Verliert man dieses Fundament, bröckelt das Gefühl automatisch. Der Psychologe Lars Penke fasst zusammen: „Die Bindung wird schwächer, wenn das Vertrauen verloren geht“. Das kann passieren, wenn Partner sich vernachlässigt, belogen oder im Stich gelassen fühlen. Sobald die grundsätzliche Sicherheit fehlt, erlischt die romantische Anziehung meist schnell. Penke fügt hinzu: Um sich wirklich entlieben zu können, muss man sich vom ehemaligen Vertrauen lösen. Anders gesagt: Solange das Vertrauen vorhanden ist, kann die Liebe auch wieder zunehmen.
Aus systemischer Sicht zeigt sich oft, dass Probleme im Beziehungsalltag sich fortschreiben und das Liebesgefühl beeinträchtigen. Kommunizieren Paare nicht offen oder verlassen sie sich zu sehr auf Rituale, bauen sich schnell „Kommunikationsmauern“ auf. Wiederkehrende Streits und Rückzug schaffen einen Teufelskreis: Immer wenn der gleiche Streit abläuft, ziehen sich die Partner emotional zurück. In solchen Fällen kann eine Paartherapie dabei helfen, den Kreislauf zu unterbrechen. Durch systemische Methoden lernen Sie beispielsweise, die Perspektive des anderen einzunehmen und althergebrachte Muster zu. So lässt sich Vertrauen Schritt für Schritt wieder aufbauen, und die Liebe bekommt Raum, sich neu zu zeigen.
5. Fallbeispiele aus der Praxis
Beispiel 1 – Dr. K., 38, Herzchirurg, verheiratet
Zu Beginn ihrer Ehe konnte er den Alltag kaum erwarten: Nach der Arbeit war er stets verzaubert von seiner Frau. Nach etwa neun Monaten stellte er aber fest, dass die anfängliche Leidenschaft fast komplett nachgelassen hatte. Dr. K. stellte sich die Frage, ob er sich vielleicht doch falsch entschieden hatte. Im Gespräch mit seiner Frau zeigte sich jedoch, dass die Probleme eher im Alltag lagen: Daheim übernahmen viel Routine und seine lange Arbeitszeit. Zudem hatte er unbewusst die Erwartung, die Partnerin müsse sich genauso wie bei ihm führen lassen (ein Muster aus seiner Kindheit). In der Paarberatung lernten beide, neue Rituale einzuführen – beispielsweise gemeinsame „Fenster zum Feierabend“ ohne Handy und gemeinsamen Sport am Wochenende. Diese bewussten Auszeiten gaben ihnen neue Energie füreinander. Dr. K. berichtete, dass er seine Frau nun in vielen Alltagssituationen neu zu schätzen lernte, als Grundlage für Vertrauen statt nur Gefühlsstürme.
Beispiel 2 – Mag. S., 45, Unternehmensberaterin, in Beziehung
Sie und ihr Partner waren anfangs unzertrennlich: Sie verbrachten Urlaub in fernen Ländern und hatten stets Lust auf Abenteuer. Als sich die Beziehung nach zwei Jahren stabilisierte, stellte sie fest, dass das Kribbeln verschwunden war. Anstatt Glücksgefühle spürte sie nur Routine. In einer systemischen Paartherapie erkannte das Paar, dass beide stark karriereorientiert waren und ihre Liebessprache nicht mehr fanden. Außerdem kamen alte Muster zum Vorschein: Mag. S. wuchs in einer Familie auf, in der Zuwendung an Leistung geknüpft war. Das führte dazu, dass sie nur dann Liebe wahrnahm, wenn sie etwas „erbrachte“. Die Therapie half, solche Prägungen zu bearbeiten. Als sie anfingen, ohne Leistungsdruck gemeinsame Auszeiten zu planen (z.B. ein entspannter Familiennachmittag ohne Erfolgsdruck), kehrten langsam angenehme Gefühle zurück. Sie bauten Vertrauen auf, indem sie einander das Gefühl gaben, geliebt zu werden – auch ohne aktives Tun.
Beispiel 3 – Dipl.-Inform. R., 34, Startup-Gründer, frisch verlobt
Bei ihm war das Verliebtsein extrem – seit dem ersten Kennenlernen fühlte er sich wie auf Wolken. Doch nach etwa zehn Monaten Beziehung schlug die Stimmung um: Er wurde rastlos, fühlte sich eingeengt und bezweifelte, ob dies wirklich „die Richtige“ war. In der systemischen Analyse zeigte sich, dass R. zeitlebens unabhängig leben musste (Eltern trennten sich, er wechselte oft den Wohnort). Diese Biografie hatte in ihn eine subtile Bindungsangst verankert. Im Coaching erkannte R., dass er unbewusst den Sicherheitsdruck empfand: Er wollte seine Freiheit bewahren, was er zunächst als Verschwinden der Verliebtheit deutete. Durch gezielte Übungen (zirkuläres Fragen, Perspektivwechsel) fand er heraus, dass seine Partnerin keineswegs falsch war – er musste seine Erwartungen an Nähe anpassen. R. und seine Verlobte einigten sich darauf, kleinere Abenteuer in die Beziehung einzubauen und gleichzeitig klare Gesprächsrituale über Bedürfnisse einzuführen. Dadurch gewann R. Stück für Stück neues Vertrauen ins gemeinsame Leben, und die Liebe gewann allmählich die Farbe von Verlässlichkeit statt nur Nervenkitzel.

6. FAQ: Die wichtigsten Fragen rund um Verliebtheit plötzlich weg
Ist es normal, dass die Verliebtheit nachlässt?
Ja. Forschung und Praxis zeigen, dass sich das intensive Verliebtsein bei den meisten Paaren innerhalb des ersten Jahres spürbar abschwächt. Das ist ein natürlicher Übergang in eine tiefere Beziehungsphase.
Bedeutet das Ende der Schmetterlinge das Aus für die Beziehung?
Kann man das Gefühl zurückgewinnen?
Liegt es an den Hormonen?
Habe ich Bindungsangst, wenn ich mich schnell zurückziehe?
Was tun, wenn ich mich selbst in diese Situation wiedererkenne?
7. Fazit: Verliebtheit plötzlich weg: Warum und was tun
Auch wenn es sich anfühlt, als sei plötzlich alles anders – ein Abklingen der Verliebtheitsgefühle ist meist ein normaler Beziehungsprozess. Das intensive „Liebesfeuer“ legt sich, aber es entsteht Raum für ehrliche Nähe und echte Verbundenheit. Experten vergleichen diese Phasen gerne mit einer Schokoladen- und einer Saure-Gurken-Periode in jeder Partnerschaft. Wer die „Saure-Gurken-Zeit“ bewusst gestaltet – mit gegenseitigem Verständnis, vertrauensvoller Kommunikation und gemeinsamen Aktivitäten – kann daraus eine Phase der Stabilisierung machen. Oft entwickelt sich eine beständige Liebe, die auf gegenseitigem Respekt und Verlässlichkeit.
Bleiben Sie geduldig mit sich und Ihrem Partner: Durch Offenheit und Engagement können Sie das Gefühl neu erwecken oder neu erleben, wenn die Verliebtheit scheinbar „plötzlich weg“ war. Mit der Zeit kehrt meist ein wärmeres, tieferes Liebesgefühl zurück – jenes sichere Hafen-Gefühl, das eine dauerhafte Beziehung ausmach
8. Über mich: Paartherapeut Mag. Christian Asperger

Ich bin Psychotherapeut mit Spezialisierung auf systemische Paar- und Familientherapie und begleite seit vielen Jahren Paare in schwierigen Lebensphasen. Mein Ziel ist es, Ihnen dabei zu helfen, Beziehungsprobleme offen anzusprechen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Dabei sehe ich Psychotherapie nicht nur als Beruf, sondern als meine Leidenschaft und Berufung.
Durch meine langjährige Erfahrung verfüge ich über ein hohes Maß an zwischenmenschlichem Verständnis und praktischer Kompetenz.
Gerne unterstütze ich Sie in meiner Praxis in Wien, um Ihre Beziehungskrise zu überwinden und neue Nähe und Intimität zu schaffen. Gemeinsam finden wir Ihren individuellen Weg zu einer glücklichen Partnerschaft zurück.