Schlechtes Gewissen nach Fremdgehen: Wie geht man damit um?
- Christian Asperger

- 16. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
„Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren könnte.“ – So oder so ähnlich beginnen viele Gespräche in meiner Praxis, wenn Menschen über einen Seitensprung sprechen.
Fremdgehen ist kein Randphänomen, sondern betrifft viele Beziehungen – meist im Verborgenen, manchmal offen sichtbar und fast immer mit starken Gefühlen verbunden. Besonders belastend ist dabei das schlechte Gewissen.
Schuldgefühle, innere Zerrissenheit und die Angst vor den Folgen setzen Betroffene stark unter Druck. Zugleich stellt sich die Frage: Was sagt dieses schlechte Gewissen über die Beziehung, die eigene Persönlichkeit und unerfüllte Bedürfnisse aus? Dieser Artikel unterstützt Sie dabei, Fremdgehen besser zu verstehen und mit dem schlechten Gewissen umzugehen.

Schlechtes Gewissen nach Fremdgehen: Wie geht man damit um? – Das Wichtigste in Kürze
Fremdgehen beginnt oft schon im Kopf – emotionale Nähe zu einer dritten Person kann so belastend sein wie körperliche Untreue.
Schlechtes Gewissen nach Fremdgehen ist ein Hinweis auf innere Werte, Loyalität und die Bedeutung der Beziehung.
Schuldgefühle können lähmen, aber auch ein Anstoß für ehrliche Reflexion und Veränderung sein.
Vertrauensbruch ist oft schmerzhafter als die sexuelle Handlung selbst.
Einzeltherapie unterstützt bei der Bearbeitung innerer Konflikte und Schuldgefühle.
Paartherapie bietet einen geschützten Rahmen, um über Verletzungen, Bedürfnisse und neue Perspektiven zu sprechen.
Häufig liegen unerkannte Muster zugrunde: unterdrückte Bedürfnisse, Selbstwertkrisen, unausgesprochene Machtkämpfe in der Partnerschaft.
Offene Kommunikation und psychotherapeutische Begleitung sind oft der Schlüssel zur Heilung.
Inhalt
1. Beginnt das Fremdgehen schon im Kopf?
Viele Menschen stellen sich die Frage: „Habe ich schon betrogen, wenn ich nur an jemand anderen denke?“
In der Psychotherapie betrachten wir Fremdgehen nicht nur als körperlichen Akt, sondern auch als seelisches Geschehen. Emotionale Intimität, heimliche Chats oder intensive Fantasien können eine Partnerschaft genauso erschüttern wie ein körperlicher Seitensprung.
Entscheidend ist, ob Vertrauen verletzt wird – und ob Gefühle, die eigentlich dem Partner oder der Partnerin vorbehalten sind, heimlich an jemand anderen gebunden werden.
2. Ab wann sprechen wir von Fremdgehen? – Der Vertrauensbruch als Kern
Die Grenzen sind individuell unterschiedlich. Für manche beginnt Fremdgehen bei einem Kuss, für andere erst bei sexuellen Handlungen. Wieder andere empfinden bereits vertrauliche Nachrichten oder emotionale Nähe als Verrat.
In der Psychotherapie gilt: Fremdgehen ist immer auch ein Vertrauensbruch. Der Kern des Problems liegt weniger in der Handlung selbst, sondern in der gebrochenen Loyalität. Paare haben – bewusst oder unbewusst – Absprachen, was Treue bedeutet. Wird diese unausgesprochen verletzt, kommt es fast immer zu tiefem Schmerz.
Viele Partner berichten, dass nicht der Sex mit einer anderen Person am meisten weh tat, sondern das heimliche Lügen, das Verbergen und die Täuschung. Dieses Gefühl, nicht mehr sicher zu sein, was wahr ist und was nicht, erschüttert die Basis einer Beziehung.
Darum sprechen wir in der Therapie oft davon: Das eigentliche Trauma liegt im Vertrauensbruch – nicht im Kuss, nicht im Bett, sondern in der Heimlichkeit.

3. Was tun, wenn ich mich fremdverliebt habe?
Fremdverliebt sein bedeutet nicht automatisch, dass eine Beziehung zu Ende ist. Oft zeigt es auf, dass wichtige Bedürfnisse – Nähe, Anerkennung, Abenteuer, Selbstbestätigung – in der aktuellen Partnerschaft zu kurz kommen.
Wichtige Schritte sind:
Ehrliche Selbstreflexion: Welche Bedürfnisse wurden in mir geweckt?
Keine vorschnellen Entscheidungen: Fremdverliebtheit ist oft eine Phase.
Professionelle Unterstützung: Eine Psychotherapie kann helfen, Gefühle zu sortieren, bevor das Vertrauen endgültig zerstört wird.
4. Woher kommt das schlechte Gewissen beim Fremdgehen?
Das schlechte Gewissen nach Fremdgehen speist sich aus mehreren Quellen:
Verletzung eigener Werte: Wer Treue als Ideal sieht, erlebt inneren Konflikt.
Angst vor Konsequenzen: Die Sorge, den Partner oder die Partnerin zu verlieren.
Empathie: Mitfühlen mit dem Schmerz, den das eigene Handeln auslösen könnte.
Selbstbild: Der Gedanke, nicht der Mensch zu sein, der man eigentlich sein wollte.
Psychologisch betrachtet sind Schuldgefühle ein Signal, das aufzeigt: „Etwas stimmt nicht.“ Sie wollen nicht unterdrückt, sondern verstanden werden.
5. Wie geht man mit Schuldgefühlen nach Fremdgehen um?
Akzeptieren statt verdrängen: Schuldgefühle verschwinden nicht, wenn man sie ignoriert.
Reflexion: Was hat mich zum Fremdgehen gebracht? Was fehlt mir in meiner Beziehung?
Ehrlichkeit: Manchmal ist ein Geständnis entlastend, manchmal zerstörerisch – hier hilft eine therapeutische Begleitung.
Verantwortung übernehmen: Das schlechte Gewissen kann zu einer Chance für persönliches Wachstum werden, wenn man bereit ist, ehrlich mit sich selbst umzugehen.

6. Wann ist eine Einzel- oder Paartherapie sinnvoll?
wenn Schuldgefühle überwältigend sind, wenn Selbstwertkrisen oder Identitätsfragen eine Rolle spielen, wenn eine Person nicht weiß, wie sie mit dem Geheimnis leben soll.
wenn der Seitensprung bekannt geworden ist oder das Vertrauen angeknackst ist. Auch wenn Paare merken, dass sie im Dialog immer wieder scheitern, ist eine Paartherapie ein sicherer Ort, um über Bedürfnisse und Verletzungen zu sprechen.
7. Fallbeispiele aus der psychotherapeutischen Praxis
Fall 1: Einzeltherapie mit Anna (38, verheiratet, zwei Kinder)
Anna hatte eine kurze Affäre mit einem Kollegen. Niemand weiß davon, doch sie leidet unter einem massiven schlechten Gewissen nach Fremdgehen. In den ersten Sitzungen geht es darum, ihre Schuldgefühle zu verstehen. Bald zeigt sich: Anna hat seit der Geburt ihres zweiten Kindes das Gefühl, in ihrer Ehe nur noch „Mutter“ zu sein, nicht mehr Frau. Ihr Seitensprung war ein verzweifelter Versuch, sich wieder begehrt zu fühlen.Im Verlauf der Therapie erkennt Anna, dass ihr eigentliches Bedürfnis nicht nach „dem anderen Mann“, sondern nach Anerkennung und Intimität mit ihrem Ehemann besteht. Schritt für Schritt entwickelt sie den Mut, diese Bedürfnisse anzusprechen.
Fall 2: Paartherapie mit Markus (45) und Sabine (43)
Sabine hat erfahren, dass Markus seit Monaten heimlich mit einer Kollegin geschrieben hat. Körperlich sei „nichts passiert“, doch Sabine empfindet es als massives Fremdgehen. Sie fühlt sich hintergangen, Markus wiederum beteuert, dass es „nur“ eine Flucht vor dem Druck im Job war.In der Paartherapie wird klar, dass Markus seit seinem Jobverlust vor zwei Jahren stark mit seinem Selbstwert kämpft. Die Nachrichten gaben ihm das Gefühl, wieder attraktiv und stark zu sein. Im Verlauf der Sitzungen gelingt es dem Paar, über die tieferliegenden Themen zu sprechen: Markus’ Angst vor Bedeutungslosigkeit und Sabines Bedürfnis nach Sicherheit.
Fall 3: Paartherapie mit Julia (36) und Peter (38)
Julia hatte eine mehrmonatige Affäre. Sie gesteht es Peter nach langem inneren Ringen. Die erste Reaktion ist Wut, Rückzug und Sprachlosigkeit. In der Paartherapie wird deutlich: Das Paar steckt seit Jahren in einem Machtkampf – Peter neigt dazu, dominant Entscheidungen zu treffen, Julia hat gelernt, ihre Bedürfnisse zu unterdrücken.Die Affäre war für Julia eine unbewusste Form von „Selbstermächtigung“. In mehreren Sitzungen arbeiten beide daran, ein neues Gleichgewicht in ihrer Beziehung zu finden, in dem Julias Wünsche ernst genommen werden.

8. FAQ – Häufige Fragen zum Thema Fremdgehen und schlechtes Gewissen
Ist es normal, nach Fremdgehen ein schlechtes Gewissen zu haben?
Ja. Schuldgefühle sind ein Hinweis auf Werte, Bindung und Empathie.
Soll ich meinem Partner von der Affäre erzählen?
Das hängt von der Situation ab. Ein Geständnis kann entlasten, aber auch verletzen. Eine Therapie hilft, Klarheit zu gewinnen.
Geht das schlechte Gewissen von alleine weg?
Oft nicht. Verdrängung führt meist dazu, dass Schuldgefühle im Unterbewusstsein weiter wirken.
Kann eine Beziehung nach Fremdgehen wieder heilen?
Ja, mit offener Kommunikation, Geduld und oft mit therapeutischer Begleitung.
Wann ist Paartherapie sinnvoll?
Wenn Vertrauen zerstört wurde, Gespräche eskalieren oder beide spüren, dass sie alleine nicht weiterkommen.
Warum tut der Vertrauensbruch so weh – auch wenn es ‚nur‘ Nachrichten waren?
Weil Vertrauen die Basis jeder Beziehung ist. Wenn Heimlichkeit ins Spiel kommt, fühlen sich Partner oft genauso betrogen wie nach einem sexuellen Kontakt.
Wie lange dauert es, bis Vertrauen nach Fremdgehen wiederhergestellt ist?
Das ist individuell. Manche Paare finden nach Monaten zurück, andere brauchen Jahre. Entscheidend ist, ob beide bereit sind, konsequent am Neuanfang zu arbeiten.
Hilft es, wenn der Partner absolute Transparenz verspricht (z. B. Handy einsehbar machen)?
Manchmal ja, als Übergangslösung. Dauerhaft ist aber nicht Kontrolle, sondern neu gewonnenes Vertrauen der Schlüssel.
Was, wenn ich trotz schlechtem Gewissen weiter das Bedürfnis nach Fremdgehen habe?
Das weist auf tieferliegende Konflikte hin – entweder in der Beziehung oder in der eigenen Identität. In der Psychotherapie können diese Ursachen aufgedeckt und bearbeitet werden.
9. Fazit
Das schlechte Gewissen nach Fremdgehen ist kein Feind, sondern ein Signal. Es zeigt auf, dass eigene Werte, Bedürfnisse und Beziehungsmuster in Konflikt geraten sind. Ob in Einzeltherapie oder in Paartherapie – psychotherapeutische Unterstützung hilft, Schuldgefühle zu verstehen und in neue Wege des Miteinanders zu verwandeln.
In meiner Praxis in Wien begleite ich seit vielen Jahren Menschen und Paare, die mit diesen Fragen ringen. Ein geschützter Raum, in dem alles gesagt werden darf, ist oft der erste Schritt, um wieder Klarheit und innere Ruhe zu finden.
10. Über mich: Paartherapeut Mag. Christian Asperger

Ich bin Psychotherapeut mit Spezialisierung auf systemische Paar- und Familientherapie und begleite seit vielen Jahren Paare in schwierigen Lebensphasen. Mein Ziel ist es, Ihnen dabei zu helfen, Beziehungsprobleme offen anzusprechen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Dabei sehe ich Psychotherapie nicht nur als Beruf, sondern als meine Leidenschaft und Berufung.
Durch meine langjährige Erfahrung verfüge ich über ein hohes Maß an zwischenmenschlichem Verständnis und praktischer Kompetenz.
Gerne unterstütze ich Sie in meiner Praxis in Wien, um Ihre Beziehungskrise zu überwinden und neue Nähe und Intimität zu schaffen. Gemeinsam finden wir Ihren individuellen Weg zu einer glücklichen Partnerschaft zurück.



