top of page
AutorenbildChristian Asperger

Grundformen der Angst: Was Sie darüber wissen sollten

Angst ist ein fester Bestandteil unseres Lebens. Sie ist ein natürlicher Schutzmechanismus, der uns in Gefahrensituationen warnt und auf Handlungsbedarf hinweist. Doch wenn Angst zu stark wird, kann sie unser Leben erheblich beeinträchtigen. In seinem Werk "Grundformen der Angst" beschreibt Fritz Riemann vier fundamentale Ängste, die sich aus den Grundkonflikten des Menschseins ableiten. Dieser Artikel erläutert diese Ängste und erklärt, warum das Verständnis ihrer Dynamiken für das persönliche Wachstum und die systemische Therapie von entscheidender Bedeutung ist.


Psychotherapie in Praxis in 1020 Wien

Die Grundformen der Angst nach Fritz Riemann


Fritz Riemanns Modell beschreibt vier Grundängste, die sich aus gegensätzlichen Bedürfnissen und Spannungsfeldern der menschlichen Existenz ergeben. Diese Ängste prägen unsere Persönlichkeit, unser Verhalten und unsere Beziehungen.


  1. Angst vor der Selbsthingabe (Verlust der Individualität)

    Menschen mit dieser Angst fürchten, ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Sie möchten Autonomie bewahren und meiden oft enge Bindungen. Dies zeigt sich z. B. in Beziehungen, in denen ein Partner sich weigert, emotionale Nähe zuzulassen oder gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

  2. Angst vor der Selbstwerdung (Verlust der Geborgenheit)

    Die Angst vor Selbstwerdung entsteht aus der Furcht, auf sich allein gestellt zu sein. Sie zeigt sich oft in einem übermäßigen Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit, etwa in der Abhängigkeit von anderen oder dem Festhalten an Traditionen.

  3. Angst vor Veränderung (Unbeständigkeit)

    Diese Angst beschreibt die Furcht vor Unsicherheit und Instabilität. Menschen mit dieser Grundangst klammern sich an Routinen, weil sie das Unbekannte als bedrohlich empfinden. Ein Beispiel wäre jemand, der berufliche Veränderungen meidet, selbst wenn diese bessere Perspektiven bieten würden.

  4. Angst vor der Notwendigkeit (Endgültigkeit)

    Diese Form der Angst bezieht sich auf die Angst vor Verpflichtungen und endgültigen Entscheidungen. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich festzulegen – sei es in Beziehungen, im Beruf oder bei Lebensentscheidungen. Sie fürchten, sich durch eine Wahl andere Möglichkeiten zu verbauen.


Warum sind die Grundformen der Angst relevant?


Die Grundformen der Angst beeinflussen unser Verhalten und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen tiefgreifend. Ein besseres Verständnis dieser Ängste kann helfen, wiederkehrende Muster zu erkennen, Konflikte zu lösen und persönliches Wachstum zu fördern.


Praxisbeispiele: Wie sich Grundängste im Alltag äußern


1. Angst vor der Selbsthingabe

Beispiel: Anna ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die sich kaum auf Beziehungen einlässt. In Partnerschaften vermeidet sie Gespräche über gemeinsame Zukunftspläne und zieht sich zurück, sobald sie merkt, dass ihr Partner zu viel Nähe sucht.

Systemische Perspektive: Diese Angst resultiert häufig aus frühen Erfahrungen, bei denen Anna vielleicht das Gefühl hatte, ihre Eigenständigkeit für die Erwartungen anderer opfern zu müssen. In der Therapie könnte Anna lernen, wie sie ihre Autonomie wahren und gleichzeitig Nähe zulassen kann.


2. Angst vor der Selbstwerdung

Beispiel: Peter, ein 35-jähriger Mann, lebt immer noch bei seinen Eltern, obwohl er finanziell unabhängig ist. Er vermeidet es, auszuziehen, weil er sich unsicher fühlt und fürchtet, die Geborgenheit seines Elternhauses zu verlieren.

Systemische Perspektive: Hier könnte die Angst vor Selbstwerdung mit einer überbehütenden Erziehung zusammenhängen. In der Therapie würde Peter darin unterstützt, eigene Entscheidungen zu treffen und Selbstvertrauen zu entwickeln, um ein unabhängiges Leben zu führen.


3. Angst vor Veränderung

Beispiel: Sabine arbeitet seit 15 Jahren in einem Job, der sie unglücklich macht. Obwohl ihr mehrere bessere Angebote gemacht wurden, bleibt sie aus Angst vor Veränderungen in ihrer Komfortzone.

Systemische Perspektive: Sabines Angst vor Veränderung könnte auf Erfahrungen beruhen, bei denen Unsicherheit mit negativem Ausgang verbunden war. Die Therapie könnte ihr helfen, Schritt für Schritt neue Erfahrungen zu wagen und Vertrauen in ihre Anpassungsfähigkeit zu entwickeln.


4. Angst vor der Notwendigkeit

Beispiel: Thomas hat mehrere Beziehungen hinter sich, die scheiterten, weil er sich nicht festlegen wollte. Er fürchtet, durch eine langfristige Bindung andere Möglichkeiten aufzugeben.

Systemische Perspektive: Hinter Thomas' Angst könnte die Überzeugung stehen, dass Entscheidungen immer Verluste mit sich bringen. Eine systemische Therapie könnte ihm zeigen, wie er sich bewusst für etwas entscheiden kann, ohne dies als Einschränkung zu erleben.


Psychotherapeut Mag. Christian Asperger

Systemische Therapie: Ein Ansatz zur Bewältigung der Grundformen der Angst


Die systemische Therapie betrachtet Ängste als dynamische Prozesse, die in Wechselwirkung mit der Umwelt und den Beziehungsmustern eines Menschen stehen. Sie setzt darauf, Ängste nicht zu pathologisieren, sondern als Teil der persönlichen Beziehungserfahrung zu verstehen.


Ansätze der systemischen Therapie


  1. Aufdecken von Mustern: Gemeinsam mit dem Klienten wird untersucht, wie sich die Grundängste in Beziehungen, Entscheidungen oder Lebenssituationen äußern.

  2. Ressourcen stärken: Klienten werden ermutigt, ihre Fähigkeiten und Stärken zu erkennen, um ihre Ängste konstruktiv zu bewältigen.

  3. Neue Perspektiven entwickeln: Durch systemische Sichtweisen wird der Klient eingeladen, alte Denkmuster zu hinterfragen und neue Lösungswege zu entdecken.

  4. Arbeit im sozialen Kontext: Die Therapie berücksichtigt, wie Familie, Partnerschaft oder berufliche Netzwerke die Ängste beeinflussen, und fördert eine bewusste Veränderung dieser Dynamiken.



Tipps für den Alltag: Umgang mit Ängsten lernen


Auch ohne Therapie können Sie lernen, Ängste besser zu verstehen und mit ihnen umzugehen:


  • Selbstbeobachtung: Reflektieren Sie, in welchen Situationen Ihre Ängste auftauchen und welche Bedürfnisse dahinterstecken.

  • Kommunikation: Sprechen Sie offen mit nahestehenden Personen über Ihre Ängste. Das schafft Verständnis und Unterstützung.

  • Kleine Schritte: Gehen Sie bewusst kleine Risiken ein, um sich schrittweise aus Ihrer Komfortzone zu bewegen.

  • Achtsamkeit: Üben Sie sich in Achtsamkeit, um Ängste wahrzunehmen, ohne von ihnen überwältigt zu werden.


Fazit


Die Grundformen der Angst nach Fritz Riemann bieten eine wertvolle Grundlage, um eigene Ängste besser zu verstehen. Aus systemischer Sicht sind Ängste nicht einfach nur ein Problem, sondern auch eine Chance, sich selbst besser kennenzulernen und zu wachsen.


Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ängste Ihr Leben zu stark bestimmen, zögern Sie nicht, professionelle Unterstützung zu suchen. Eine systemische Therapie kann Ihnen helfen, die Dynamiken Ihrer Ängste zu entschlüsseln und neue, selbstbestimmte Wege einzuschlagen.


Machen Sie den ersten Schritt in ein Leben mit mehr Freiheit und Klarheit – ich begleiten Sie gerne dabei!



* Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwende ich abwechselnd die weibliche oder männliche Form. Männer und Frauen sind natürlich gleichermaßen angesprochen. Gerne kann der Artikel auch über soziale Netzwerke geteilt werde.

15 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Yorumlar


bottom of page