Welche Geschichte erzählen Sie anderen über sich selbst und was sagt diese über Sie aus? In der systemischen Psychotherapie spielen sogenannte Narrative eine große Rolle bei der Reflexion der eigenen Selbstwarhnehmung.
Stellen Sie sich vor, Sie schrieben ein Buch über ihr Leben. Welchen Titel hätte dieses Buch, was wären Ihre Haupt- und Unterkapitel? Welchen Spannungsbogen würden Sie wählen und welche Kapitel würden Ihre Leser besonders fesseln? Im Rahmen einer Psychotherapie können Sie neue Handlungsstränge entdecken.
Alternative Handlungsstränge
Unsere Lebensgeschichte ist eine Sammlung an Begegnungen, Erfahrungen und Ereignissen. Menschen leben durch die Geschichten, die sie erzählen. Diese Geschichten formen das Leben und haben reale und nicht imaginierte Auswirkungen. Wenn wir jemandem über uns erzählen, so haben wir meistens ein paar Highlights im Kopf und werden je nach Kontext und Bezugsperson eine bestimmte Geschichte von uns erzählen. Bei einem Bewerbungsgespräch für eine neue Position werden es eventuell frühere Verantwortungsbereiche, Projekte, herausragende Ergebnisse oder bestimmte Eigenschaften sein, die für eine positive Bewerbung entscheidend sein können. Im Falle neuer Bekanntschaften werden es vielleicht Geschichten über unsere Hobbies, Leidenschaften oder unsere Familie sein. Im Lichte des Konstruktivismus erzeugen diese Geschichten auch unsere eigene Realiät über uns.
Meistens jedoch wiederholen sich die für uns scheinbar wichtigsten Ereignisse in unserem Leben und andere Kapitel unserer Geschichte bleiben eventuell unerzählt oder sind in unseren Erinnerungen nicht mehr ganz so präsent. So gibt es vielleicht alternative Handlungsstränge, die darauf warten aus einer dünnen in eine dicke Geschichte entwickelt zu werden. Eventuell sind es Geschichten über Träume, Potentiale oder besondere Fähigkeiten, die wiederentdeckt werden wollen. Ressourcen oder Eigenschaften, die uns in der Vergangheit schon einmal hilfreich waren oder verborgene Interessen, die heute eine ganz andere Seite in uns ansprechen würden.
So können auch Lebenserzählungen von Leid und Schmerz verändert werden. Durch das Hervorheben von noch nicht erzählten Erfahrungen, die sich von der Problemerzählung unterscheiden oder indem bereits erzählte Erfahrungen neue Bedeutungen gegeben werden und dadurch neue Geschichten konstruiert werden.
Welche Geschichte erzählen Sie anderen Menschen über sich selbst? Welches Kapitel Ihres Lebens bleibt unerwähnt und würde Freunde, die Sie gut kennen, überraschen? Das Hinzufügen solcher vergessener Kapitel kann manachmal einen erstaunlichen Perspektivenwechsel ermöglichen. Vielleicht macht dies auch in Ihrer Geschichte genau jenen Unterschied, der einen Unterschied machen kann.
* Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwende ich abwechselnd die weibliche oder männliche Form. Männer und Frauen sind natürlich gleichermaßen angesprochen. Gerne kann der Artikel auch über soziale Netzwerke geteilt werde.
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