In meiner psychotherapeutischen Praxis in 1020 Wien arbeite ich nicht alleine, sondern mithilfe Tiergestützter Therapie. Seit nun mehr als einem Jahr ist Kaija als Co-Therapeutin mit dabei, meine Unterstützung als Therapiehund. Welche Rolle der Hund in einer tiergestützten Psychotherapie einnimmt und welche Wirkung Therapiehunde auf Menschen haben können, erzählt uns Kaija in einem Interview bei sich zu Hause.
Heute ein Interview mit einer extra Portion kalter, nasser Schnauze. Wir sind zu Besuch bei Beagle Kaija und sprechen über Ihre Ambitionen als Therapiehund und ihre ersten Erfahrungen als Co-Therapeutin in einer tiergestützten Psychotherapie 1020 Wien.
CA: Frühstück bei mir, heute zu Gast bei Kaija, einer 16 Monate jungen Beagle-Dame.
Kaija: [bellt]
CA: Vielen Dank für die Einladung zu dir nach Hause zu diesem besonderen Beitrag. Vielleicht gleich zu Beginn eine spannende Frage für unsere LeserInnen, wie kommt ein Beagle darauf als Therapiehund arbeiten zu wollen? Ich meine, dass ist ja nicht unbedingt die erste Assoziation, die man mit einem eigentlich für die Jagd gezüchteten Hund hat?
Kaija: Nun, ja wie du richtig sagst, ist meine ganze Familie und mein Stammbaum aus einer jagdlich geführten Zucht. Aber es gab in unserem Rudel schon mehrere Vorfahren, die auch schon den Weg in eine tiergestützte Therapie eingeschlagen hatten. Warum also nicht? Außerdem fürchte ich mich noch vor Rehen, Hasen und Co und werde viel lieber gestreichelt :-)
CA: Also könnte man sagen, das Interesse an Menschen und ihren Geschichten liegt auch dir im Blut?
Kaija: [bellt]
CA: Nun, du bist ja noch ein Junghund und bist gerade in der Ausbildung zum Therapiehund. Was braucht es da eigentlich für eine tiergestützte Psychotherapie?
Kaija: Ja, in der Welpen- und Junghundeschule wurde ich halt allgemein auf die Basics im Hundeleben vorbereitet. Eine Herausforderung, das kann ich dir sagen! Ich dachte ich wäre zum Spielen da. [jault] Seit ein paar Monaten bin ich nun in der Ausbildung zum Therapiehund.
CA: Und du bist, nehme ich an, eine fleißige und brave Schülerin?
Kaija: [jault] Also da wird meine Trainerin nicht ganz deiner Meinung sein. Sagen wir so, ich hatte viel Spaß mit den anderen Hunden. In der Schule für tiergestützte Therapie geht es da schon viel ernster zur Sache und wir müssen uns viel mehr auf unsere Rolle als Therapiehund konzentrieren.
CA: Was genau ist die Aufgabe eines Therapiehundes?
Kaija: Die Wirkung der tiergestützten Therapie setzt auf der non-verbalen Ebene an. Ich kann durch meine Resonanz mit den Klienten viel ungesagtes aufnehmen und so ein zusätzliches Therapie Angebot machen. Aber ich steh da ja erst am Anfang und möchte da noch ganz viel lernen.
CA: Jedenfalls hast du ja jetzt schon die Chance bekommen erste Erfahrungen als Co-Therapeutin zu sammeln. Wie waren da Reaktionen als die Klienten dich sahen?
Kaija: Es waren eigentlich alle sehr freundlich und sind auf mich zugekommen. Es fällt mir nach wie vor schwer bei der Begrüßung mit allen vier Pfoten am Boden zu bleiben ...
CA: Obwohl das nehm ich mal an, genau eine dieser Grundlagen der Hundeschule sein sollte andere nicht anzuspringen, oder?
Kaija: Ich kann nicht anders, ich liiiiiebe Besuch [vergräbt ihre Schnauze verlegen unter den Pfoten]
CA: Gehen wir vielleicht weiter, was genau erwartet die Klienten, wenn sie in die Praxis kommen?
Kaija: Im Moment arbeite ich quasi als Therapiehund Praktikant. Ich bin bei den Sitzungen dabei, nehme eine beobachtende Rolle ein, darf aber natürlich auch gerne gestreichelt werden, wenn es für die Klienten gerade passt.
CA: Oft hat man ja das Bild, die Klienten liegen auf einer Couch und die Therapeutin sitzt dahinter und man weiß gar nicht so genau, ob die noch zuhört oder schon eingeschlafen ist. Wie ist das in deiner Praxis?
Kaija: Nun die Klienten sitzen bei uns auf einem Stuhl, aber um ehrlich zu sein, passiert es mir schon hin und wieder, dass ich während einer Sitzung mal einnicke [jault laut auf]. Aber da kann ich mich ja dann auf unseren Therapeuten verlassen, dass der die wichtigsten Dinge für mich notiert hat.
CA: In eurer Praxis bietet ihr systemische Psychotherapie und Familientherapie an. Wie laufen da die Stunden grob ab?
Kaija: Nun, zu uns kommen sowohl Einzelpersonen als auch Paare und hin und wieder sogar Kinder, mit denen ich besonders viel Spaß habe. Im Groben handelt es sich um eine Gesprächstherapie aber es geht natürlich auch um das Zusammenspiel von Gedanken, Gefühlen und Körperwahrnehmungen. Genau dies ist meine Stärke, da ich mit den Klienten über andere Sinneskanäle als die reine Sprache interagieren kann.
CA: Was genau meinst du da?
Kaija: Nun, nehmen wir mal an eine Klientin kommt zum allerersten Mal überhaupt in eine Psychotherapie. Da ist man natürlich sehr aufgeregt und nervös. Da merke ich schon, dass ich die Leute durch meine sehr zugängliche und verschmuste Art schneller beruhigen kann. Ich meine, ich will unserem Therapeuten seine Fähigkeiten nicht absprechen, aber der hat halt keine Chance gegen mich.
CA: Sehr selbstbewusste Antwort für eine so jungen Hund, der noch nicht einmal einem Holzsesselbein oder Teppichfaden widerstehen kann.
Kaija: Hey, Moment mal, das eine schließt ja das andere nicht automatisch aus.
CA: Kommen wir wieder zurück auf deine weiteren Pläne. Angenommen wir würden uns wieder in einem Jahr hier treffen, worauf denkst du würdest du stolz sein können?
Kaija: Klassische systemische Frage, man könnte meinen du hättest dazu eine Ausbildung gemacht [lautes Bellen]. Also, ich hoffe meine Ausbildung als Therapiehund möglichst abgeschlossen zu haben und dass ich die Theorie auch in unserer Praxis gut einbringen kann.
CA: Ok und woran denkst du könnten eure Klienten das merken?
Kaija: Jetzt auch noch so eine zirkuläre Frage, du hast dich scheinbar gut auf unser Gespräch vorbereitet?
CA: Ja, ich versuche natürlich mich mit meinen Gästen im Vorfeld zu beschäftigen.
Kaija: Also gut. Ich hoffe, die Klienten merken es daran, dass sie gerne zu uns kommen. Dass sie das Gefühl haben, hier einen Raum und Zeit für sich finden, um sich jenen Themen widmen zu können, die sie schon lange beschäftigen oder belasten. Und, ganz wichtig, dass der Besuch für sie hilfreich ist uns sie dies auch so spüren können.
CA: Du bist ja auf Social Media sehr aktiv. Ich hab mir dazu dein Instagram-Profil angesehen. Welche Rolle spielen die sozialen Medien in einem Hundeleben?
Kaija: Ich liebe es mir Fotos oder Videos von meinen Hundefreunden anzusehen. Vor allem wenn sie bei unerlaubten Dingen erwischt werden, die uns Hunden soooo viel Spaß machen.
CA: Liebe Kaija, danke für diese tollen Einblicke in dein Leben als zukünftiger Therapiehund. Wir kommen jetzt zum großen Finale, unserem Word-Rap.
CA: Diese 3 Dinge nehme ich auf eine einsame Insel mit...
Kaija: Mr. Rabbit (mein Lieblingskuscheltier), ein großes Bett für mich alleine und natürlich viele Snacks!
CA: Meine schlechteste Eigenschaft...
Kaija: [hat gerade einen Tagtraum]
CA: ....Kaija? Ich wiederhole: Meine schlechteste Eigenschaft.....
Kaija: [jagt eine Fliege und widmet sich erst bei weiteren 5 Wiederholungen der Beantwortung der Frage] Man sagt mir, ich höre nur dann, wenn ich will. Aber was soll's? Ich bin nun mal ein Beagle. [wuff]
CA: An mir mag ich besonders...
Kaija: Meine Schnüffelnase! Damit habe ich noch immer etwas Essbares in den kleinsten Ecken entdeckt. Außerdem ist eine feuchte Schnauze auch immer hilfreich, wenn ich gerade nicht beachtet werde und Aufmerksamkeit möchte.
CA: Was ich an Menschen nie verstehen werde...
Kaija: Hektik, Stress und Verpflichtungen. Es gibt doch nichts Schöneres als so wie ich im Hier und Jetzt zu leben und den Tag gemütlich zu verschlafen
CA: Damit kann man mir eine Freude machen...
Kaija: Wenn man mein Bäuchlein streichelt.
CA: Was mir überhaupt keinen Spaß macht...
Kaija: Mit Maulkorb in den Öffis sitzen und gebadet zu werden.
CA: Das Abschluss Statement gehört natürlich dir, Kaija.
Kaija: Lieber Christian, liebe LeserInnen. Danke für das nette Interview, ich freue mich auf Streicheleinheiten in unserer Praxis.
Comments