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AutorenbildChristian Asperger

Eifersucht in Beziehungen - wie kann systemische Therapie helfen?

Aktualisiert: 1. Sept. 2023

So gut wie jeder weiß, wie sich Eifersucht anfühlt. Sie kann traurig machen, wütend oder ein Gefühl der Angst auslösen. Für Beziehungen kann Eifersucht zu einer großen Belastung oder gar zum Auslöser von psychischer oder physischer Gewalt werden. Was also ist Eifersucht? Wie kann man damit umgehen und wann braucht man professionelle Hilfe?

Eifersucht

Die Eifersucht hat unterschiedliche Ausgänge oder Gründe und stellt sich so als ein sehr komplexes Phänomen dar. Der Autor Max Frisch meint:"Die Eifersucht sei die Angst vor dem Vergleich". Wahrscheinlich spielt Angst bei Eifersucht eine Rolle. Sie kann jedoch unterschiedliche Ursprünge haben. Neben der Angst vor Vergleich könnte auch die Angst vor Verlust oder andere Gefühle wie Wut, Neid, Gier, Sehnsucht oder Kränkung zur Entstehung von Eifersucht beitragen. Zur Aufrechterhaltung des Phänomens Eifersucht tragen dann vor allem Gedanken und Vorstellungen bei, die die jeweilige Gefühlslage deuten, bewerten und interpretieren. Dadurch nähren und fördern unsere Gedanken und Vorstellungen auch den Schmerz, den die Eifersucht in uns auslöst.


"Eifersucht sei die Angst vor dem Vergleich."

Der Gefühlscocktail lässt eifersüchtige Menschen unsicher werden. Betroffene versuchen oft dieser Unsicherheit mit einer überproportionalen Kontrolle des Partner zu begegenen. Eifersucht wird vor allem dann zu einem Problem, wenn die betroffene Person selbst bzw. die Partnerin oder die Beziehung einen hohen Leidensdruck verspüren.





Eifersucht in der systemischen Therapie begegnen


Die Ausprägung der Eifersucht ist sehr von den Umgebungsfaktoren und den eigenen Persönlichkeitsstrukturen abhängig. Allgemein kann Eifersucht durchaus als etwas "Normales" und auch Beziehungsförderndes gesehen werden. Wären wir überhaupt nicht eifersüchtig, müssten wir vielleicht auch generell an unseren Emotionen oder der Zuneigung zur unserem Partner zweifeln, wenn uns alles egal wäre, was dieser macht. Doch nicht nur in Paarbeziehungen spielt Eifersucht eine Rolle. Auch in Beziehungen zu Geschwistern, Kindern oder Eltern kann sich das Phänomen der Eifersucht zeigen. Doch was verbindet die Eifersucht in diesen unterschiedlichen Beziehungskonstellationen? Und wie lässt sich der Begriff Eifersucht zu anderen Gefühlen wie Neid, Konkurrenz oder Angst abgrenzen?


Eifersucht kennzeichnet das Ringen um die Zuwendung, Loyalität oder Liebe einer dritten Person. Hat zum Beispiel ein Kind das Gefühl, dass die Eltern einem Geschwisterchen mehr Aufmerksamkeit schenken, so kann dies zu einer frühen Beziehungsunsicherheit führen. Solche kindlichen Gefühlserfahrungen können im Erwachsenenleben Unsicherheiten in partnerschaftlichen Beziehungen schüren. Darüber hinaus können aber auch Persönlichkeitsstrukturen (z.B. emotionale Instabilität) oder andere psychische Belastungen wie Depressionen, Ängste, Suchterkrankungen etc. zu einem verminderten Selbstwert und in weiterer Folge einer überproportionalen Eifersucht führen. Umso wichtiger ist es im individuellen Fall im Rahmen einer professionellen Unterstützung auf die unterschiedlichen Faktoren genauer einzugehen. Im Rahmen einer Psychotherapie werden diese gemeinsam exploriert.


Betroffene Klienten berichten meist von einem sehr hohen Leidensdruck durch ihre krankhafte Eifersucht und entwickeln fast schon wahnhafte Gedanken gegenüber einer konkreten oder fiktiven dritten Person. Betroffene Partnern wiederum wird stark misstraut oder sie fühlen sich eingesperrt. So prägen manchmal die Unterwerfung unter diverse Ge- und Verbote oder die regelmäßige Kontrolle des Handys und E-Mail Accounts den Beziehungsalltag. Selbst wenn es keine konkreten Anhaltspunkte für einen befürchteten Betrug gibt, belastet solch ein latentes Misstrauen die Partnerschaft.


Welche Möglichkeiten gibt es dann dem Phänomen der Eifersucht im Rahmen einer begleitenden systemischen Psychotherapie hilfreich zu begegnen?



Externalisieren der Eifersucht


Schreiben oder reden Sie sich die Eifersucht von der Seele. Durch das Niederschreiben der Gefühle wird die Eifersucht externalisiert und tritt somit ein stückweit aus der eigenen Identität heraus. Die Eifersucht wird so sicht- und bemerkbar. In der Trennung des Phänomens Eifersucht von der eigenen Persönlichkeit können sich Betroffene so auf die Eifersucht einlassen ohne von dieser sofort getriggert und mitgerissen zu werden. Durch diese Ent-Identifizierung können Betroffene in weiterer Folge auch ein Mitgefühl für den Wahn und dessen Irrationalität entwickeln.


Stärkung der "vernünftigen" Anteile


Kann man sich mittels Vernunft von der Eifersucht selbst befreien? Oftmals hören wir Ratschläge wie "Du kannst eh nicht wissen oder beeinflussen, was dein Partner macht" oder "Sei vernünftig und steigere dich nicht so hinein". Vernunft kann einen anderen Rahmen oder eine gewisse Ordnung für meine sonstigen Gefühle und Zustände schaffen, wenn ich den entsprechenden Anteil in mir stärke. D.h. nicht automatisch, dass Gefühle wie Angst, Unsicherheit oder Wut verschwinden. Es geht mehr um die Schaffung eines neuen Beziehungsverhältnis in sich selbst. Dem eifersüchtigen Anteil in uns selbst wird so ein behütender Anteil gegenübergestellt. Dieser sorgt dafür, dass der eifersüchtige Anteil nicht die gesamte Macht übernimmt. In der sogenannten "Teile-Arbeit" wird somit ein Prozess in Gang gesetzt, der uns von innen heraus transformiert und unseren Selbstwert stärkt.


Systemische Paartherapie


Paartherapie ist dann hilfreich, wenn beide Partner weiterhin an der Beziehung interessiert sind. Im geschützten Raum einer Paartherapie können unterschiedliche Sicht- und Erlebensweisen der betroffenen Partner geschildert werden. Ein Paartherapeut kann dabei de-eskalierend zur Seite stehen. Wenn sich ein Partner eigentlich schon getrennt hat und der andere Partner das Paarsetting möchte, um mit dem Anderen weiterhin in Kontakt zu bleiben, erscheint es hingegen als wenig sinnvoll. In diesem Fall wäre eine Einzeltherapie vorzuziehen.


* Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwende ich abwechselnd die weibliche oder männliche Form. Männer und Frauen sind natürlich gleichermaßen angesprochen. Gerne kann der Artikel auch über soziale Netzwerke geteilt werden.



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